Programmiersprachen muss man üben, um sie zu lernen und um sie nicht
wieder zu vergessen. Ich habe also meine Zeit damit vertrieben einen
SHA-256 zu schreiben — eine
kryptographische Hash
Funktion. Die Spezifikation ist
glücklicherweise sehr sehr verständlich.
Und auch wenn es tausende andere Implementationen gibt, die schneller
sind, alle Grenzfälle beachten (ich befürchte, dass mein Programm
Probleme auf Big Endian Systemen bekommt), und sogar Schaltkreise, die
hochoptimiert nur diese Operation beherrschen (Stichwort: Bitcoin ASIC), ist
meiner dennoch sehenswert, da er SHA-256 in 256 Zeilen darstellt.
Die grundlegende Idee zur numerischen Lösung von Differentialgleichungen ist es, die Zeit
in diskreten Schritten \(\tau\) vergehen zu lassen. Nach jedem Schritt wird der
Zustand so geändert, als ob sich während des Zeitschrittes nichts geändert
hätte und die „Kräfte“ werden entsprechend der Bewegungsgleichungen neu berechnet.
Für infinitesimal kleine \(\tau \to \mathrm{d}t\) ist diese Methode schließlich exakt.
Im einfachsten Fall, dem Euler Verfahren, sähe das für ein einfaches
Fadenpendel nach \(k\) Zeitschritten so aus
Unglücklicherweise hat dieses Verfahren ernsthafte Probleme mit der Energieerhaltung
und braucht sehr kleine \(\tau\) für brauchbare Ergebnisse.
Es gibt deutlich ausgefeiltere Methoden, wie den klassischen Runge-Kutta
Algorithmus. Es gibt Methoden, den Zeitschritt \(\tau\) während der Simulation
adaptiv anzupassen, um nur wenig Rechenaufwand in den wenig fehleranfälligen
Phasen zu verbringen. Es gibt spezialisierte Methoden, die sehr gut für bestimmte Bewegungsgleichungen
funktionieren, wie Velocity-Verlet,
der oft für Molekulardynamiksimulationen eingesetzt wird.
Chaotische Systeme haben in der Regel etwas kompliziertere Bewegungsgleichungen. Das oben abgebildete
Doppelpendel etwa wird, wie ich in einem anderen Post beschrieben habe
durch folgendes Ungetüm beschrieben.
Da man das 3-Körperproblem trivial auf ein \(N\)-Körperproblem erweitern kann,
habe ich hier ein „Sonnensystem“ bzw. Bohrsches „Atom“-modell simuliert.
Um die obigen (bewegten) Bilder zu erzeugen und um ein bewegtes Doppelpendel
für meinen Schreibtisch zu haben, — wennauch nur auf einem Bildschirm — habe
ich in C++ einen adaptiven Runge-Kutta-4 Löser geschrieben, der mit den Qt
Zeichenprimitiven animiert wird.
Auch wenn der Code nicht sehr aufgeräumt ist und Startwerte im Quellcode
angepasst werden müssen, sind die Quellen auf GitHub:
github.com/surt91/DGLshow.
Das ist ein Doppelpendel. Ein Doppelpendel ist neben dem Dreikörperproblem
und dem Lorenz-Attraktor [1, 2]
das Paradebeispiel für analytisch unlösbare Bewegungsgleichungen
und chaotisches Verhalten. Aus diesem Grund sollte ein Doppelpendel auf keinem
Schreibtisch fehlen und bietet sich als grandiose Geschenkidee für Physiker an.
Dass es analytisch unlösbar ist, lässt sich mit einem nicht rigorosen Argument
anschaulich machen: Ein Blick auf die Bewegungsgleichungen:
Das sind die Differentialgleichungen für die beiden Winkel \(\vartheta_1\) und \(\vartheta_2\)
des Doppelpendels. \(m_i\) sind die beiden Massen und \(l_i\) die Fadenlängen.
Unser Ziel ist es das obige Video zu erstellen, dazu müssen wir die Bahnkurve,
also \(\vartheta_1(t)\) und \(\vartheta_2(t)\) bestimmen.
Dazu müssen wir die obigen Gleichungen, die sich relativ simpel,
wenn auch mühsam, per Lagrange-Formalismus herleiten lassen,
zunächst nach den Winkelbeschleunigungen aufgelösen.