Künstliche Kunst

Seit der Vorstellung von DALL-E Anfang 2021 sind Text-zu-Bild-Programme im Bewusstsein der Öffentlichkeit angekommen. DALL-E 2.0 und Midjourney haben immer wieder mit interessanten, verrückten und überraschend gut aussehenden Bildern auf sich aufmerksam gemacht, die aber immer nur in sehr begrenztem Umfang von ausgewählten Usern auf Servern der Betreibern generiert werden konnten. Aber seit August 2022 gibt es mit Stable Diffusion das erste hochwertige Text-zu-Bild-Modell, dessen Neuronales Netzwerk offen ist und von jedem (der eine Grafikkarte mit genügend Speicher hat) auf dem eigenen Computer genutzt werden kann!

Die grundlegende Funktionsweise ist, dass man dem Modell eine Bildbeschreibung, sogenannte Prompts, gibt und das Modell versucht ein Bild zu rendern, das möglichst gut zu der Beschreibung passt. Die Kunst liegt nun darin, die Bildbeschreibung so zu formulieren, dass das resultierende Bild möglichst gut wird. Wenn wir wissen wollen, wie so eine künstliche Intelligenz überhaupt aussieht, können wir Stable Diffusion darum bitten uns ein Bild von einer zu malen mit dem Prompt „a painting of an artificial intelligence“:

a painting of an artificial intelligence

In der Community findet man häufig Prompts, die mit vielen Adjektiven (wie „intricate“ oder „highly detailed“) oder Künstlernamen (vor allem „Greg Rutkowski“) gespickt sind. Für mich persönlich klingt es nach zu viel Arbeit eine solche Liste von Schlüsselworten an eine knappe Bildbeschreibung zu hängen — ich benutze schließlich eine künstliche Intelligenz, die Bilder zeichnet, damit ich wenig Arbeit habe!

Die offensichtliche Lösung für dieses Problem ist es natürlich ein Sprachmodell zu benutzen, um Prompts zu generieren. Glücklicherweise gibt es mit lexica.art eine Datenbank von Prompts, die man nutzen kann, um ein GPT-2 Modell zu finetunen. So kann man GPT-2 Modell mit „four dimensional space whale“ füttern, GPT-2 macht daraus den Prompt „four dimensional space whale, with recursive spiral eyes, concept art, high detail, intimidating, cinematic, Artstation trending, octane render“, der von Stable Diffusion zu diesem Bild gerendert wird:

Ein vierdimensionaler Weltraumwal

Und damit ich auch keine Arbeit damit habe, die Bilder selbst zu generieren, habe ich einen Twitter-Bot damit beauftragt täglich ein lovecraft’sches Bild zu tweeten: @ACthulhuADay.

Der Glue-Code, der diesen text2prompt2image-Ablauf implementiert (also hauptsächlich Modelle von Huggingface herunterlädt) und diesen Bot antreibt, findet sich auf Github.

Analog-Digital-Analoges Thermometer

Ich habe mir ein analoges Voltmeter zugelegt und möchte es als Thermometer benutzen.

Da der Widerstand von Metallen mit der Temperatur steigt, kann man Temperatur relativ gut messen, indem man einen kalibrierten Widerstand misst. Daher kann man theoretisch mit einem Multimeter auch die Temperatur messen. (In der Praxis wird dies bei Multimetern allerdings in der Regel mithilfe eines anderen Effektes erledigt.)

Da ich mir aber keine Gedanken darüber machen möchte, wie ich eine Schaltung aussehen müsste, um \(15°\mathrm{C}\) in \(1.5 \mathrm{V}\) umzusetzen (vielleicht würde eine Brückenschaltung funktionieren?), wähle ich den einfachen Weg mit einer Reihe integrierter Schaltkreise und einem Microcontroller.

Schaltplan meines Analog-Digital-Analog-Thermometers

Hier ist ein günstiger DS18B20 Temperatursensor, der von einem ESP8266 ausgelesen wird. Dieser steuert dann einen MCP4725 Digital-Analog-Wandler so an, dass er eine Spannung ausgibt, deren Wert in Volt ein Zehntel der gemessenen Temperatur ist. Diese Spannung wird dann von meinem alten Voltmeter gemessen und angezeigt. Hier ist es also gerade \(24°\mathrm{C}\).

Foto meines Analog-Digital-Analog-Thermometers

Hier ist übrigens der simple Code, der beispielsweise mit der Arduino IDE auf einen ESP8266 geflasht werden kann:

#include <Wire.h>
#include <Adafruit_MCP4725.h>
#include <OneWire.h>
#include <DallasTemperature.h>

#define ONE_WIRE_BUS D4
#define MCP4725In A0

Adafruit_MCP4725 MCP4725;

OneWire oneWire(ONE_WIRE_BUS);
DallasTemperature DS18B20(&oneWire);

void setup() {
    Serial.begin(9600);

    DS18B20.begin();
    // 0x60 is the I2C address of my MCP4725A0
    MCP4725.begin(0x60);
}

float getTemperature() {
    float temp;
    do {
      DS18B20.requestTemperatures();
      temp = DS18B20.getTempCByIndex(0);
      delay(100);
    } while (temp == 85.0 || temp == (-127.0));
    return temp;
}

void setVoltage(float value) {
    value /= 10;
    float voltageOut = value*4096/3.3;
    MCP4725.setVoltage(voltageOut, false);

    // read it for testing and maybe calibrating
    int adcInput = analogRead(MCP4725In);
    float voltageIn = (adcInput * 3.3 )/ 1024.0;
    Serial.print("Expected Voltage: ");
    Serial.println(value, 3);

    Serial.print("Measured Voltage: ");
    Serial.println(voltageIn, 3);
}

void loop() {

    float temperature = getTemperature();
    setVoltage(temperature);

    // send temperature to the serial console
    dtostrf(temperature, 2, 2, temperatureString);
    Serial.println(temperatureString);

    delay(1e3);
}

Convex hulls of random walks in higher dimensions: A large deviation study

Die Frage wie groß das Revier eines Tieres ist, ist in konkreten Fällen für Biologen interessant und dank GPS-Sendern kann man es heutzutage sogar empirisch untersuchen. Aus der Punktwolke der besuchten Orte kann man eine Fläche abschätzen — im einfachsten Fall indem man die konvexe Hülle um alle besuchten Orte zeichnet.

Als Physiker sind mir echte Tiere zu kompliziert, sodass ich stattdessen annehme, dass sie punktförmig sind und ihre Bewegung ein Random Walk in einer isotropen Umgebung ist. Also springen meine idealisierten Tiere unabhängig von ihren bisherigen Handlungen zu ihrem nächsten Aufenthaltsort — der Abstand vom aktuellen Punkt ist dabei in jeder Dimension unabhängig und normalverteilt.

In jeder Dimension? Ja, genau! Wir wollen schließlich auch das Revierverhalten von vierdimensionalen Space Whales untersuchen.

Ein vierdimensionaler Weltraumwal, oder was Stable Diffusion sich darunter vorstellt

Spaß beiseite, in dieser Veröffentlichung geht es natürlich eher um fundamentale Eigenschaften von Random Walks — einer der einfachsten und deshalb am besten untersuchten Markow-Prozesse. Und zwar im Hinblick auf Large Deviations, die extrem unwahrscheinlichen Ereignisse, die weit jenseits der Möglichkeiten von konventionellen Sampling-Methoden liegen. Details hierzu sind am besten direkt im Artikel oder mit einer Menge Hintergrundinformationen und ausführlicher als für ein Blog angemessen in dem entsprechenden Kapitel und Anhang meiner Dissertation nachzulesen. Insbesondere ist dort auch beschrieben wie die geometrischen Unterprobleme effizient gelöst werden können, auf die wir im Verlauf dieses Blogposts stoßen werden.

Das Problem eine konvexe Hülle zu finden ist einerseits einfach zu begreifen, schön geometrisch und sehr gut untersucht. Dadurch sind überraschend viele Algorithmen bekannt, die unterschiedliche Vor- und Nachteile haben.

Im Folgenden möchte ich deshalb ein paar Methoden vorstellen, wie man effizient die konvexe Hülle einer Punktmenge bestimmen kann, und dies mit animierten gifs von Punkten und Strichen visualisieren. Der Code zur Erstellung der Visualisierungen ist übrigens in Rust geschrieben und auf GitHub zu finden.

Andrew’s Monotone Chain

In zwei Dimensionen kann man ausnutzen, dass die konvexe Hülle ein Polygon ist, das man durch die Reihenfolge der Eckpunkte definieren kann. Die grundlegende Idee ist also die Punkte im Uhrzeigersinn zu sortieren, in dieser Reihenfolge, mit dem Punkt ganz links startend, alle zu einem Polygon hinzuzufügen und dabei darauf zu achten, dass die drei neusten Punkte des Polygons ein negativ orientiertes Dreieck bilden, also dass sie im „Uhrzeigersinn drehen“. Wenn das nicht der Fall ist, wird der mittlere Punkt entfernt.

Sechs Schritte von Andrew's Monotone Chain -- oder Graham Scan

Dies ist übrigens die ursprüngliche Variante, der Graham Scan. Andrew verbesserte diesen Algorithmus dadurch, dass nicht im Uhrzeigersinn sortiert werden muss, sondern man lexikographisch nach horizontaler Koordinate (bei Gleichstand entscheidet die vertikale Koordinate) sortiert. Dann bildet dieser Algorithmus die obere Hälfte der Hülle und wenn man ihn rückwärts auf die sortierten Punkte anwendet, die untere Hälfte.

Andrew's Monotone Chain

Die Komplexität für \(n\) Punkte ist somit \(\mathcal{O}(n \ln n)\) limitiert durch das Sortieren.

Jarvis March: Gift Wrapping

Ein Geschenk einzupacken ist ein relativ intuitiver Prozess: Wir bewegen das Papier so lange herunter, bis wir auf einen Punkt des Geschenkes treffen, wo es hängen bleibt Dann wickeln wir weiter, bis wir auf den nächsten Punkt stoßen. Dabei streben wir an die konvexe Hülle zu finden, denn sie ist das Optimum möglichst wenig Papier zu verbrauchen während wir die Punktwolke einhüllen, die wir verschenken wollen. Und offenbar klappt das auch in drei Dimensionen!

In einem Computer ist es allerdings einfacher das Geschenkpapier von innen aus der Punktwolke heraus nach außen zu falten. Für jede Facette testen wir also jeden der \(n\) Punkte in der Punktwolke darauf, ob er links von unserem Stück Geschenkpapier liegt. Wenn ja, falten wir das Papier weiter. Sobald wir alle \(n\) Punkte ausprobiert haben, wissen wir, dass das Geschenkpapier an der richtigen Stelle liegt, sodass anfangen können die nächste Facette mit dem Geschenkpapier zu bilden indem wir von innen alle Punkte durchtesten.

Jarvis March: Gift Wrapping

Interessanterweise müssen wir also für jeden der \(h\) Punkte, die zur Hülle gehören \(\mathcal{O}(n)\) Punkte prüfen, sodass die Komplexität abhängig ist vom Ergebnis: \(\mathcal{O}(n h)\)

Chan’s Algorithm

Wir haben also einen \(\mathcal{O}(n \ln n)\) und einen \(\mathcal{O}(n h)\) Algorithmus kennen gelernt, aber können wir noch besser werden? Ja! \(\mathcal{O}(n \ln h)\) ist die theoretische untere Komplexitätsgrenze für 2D konvexe Hüllen. Beispielsweise Chans Algorithmus erreicht diese Komplexität mit einem trickreichen zweistufigen Prozess.

Zuerst teilt man die Punktwolke in zufällige Untermengen mit jeweils etwa \(m\) Punkten ein. Für jede berechnet man die konvexe Hülle, bspw. mit Andrews Algorithmus. Dann benutzt man Jarvis March, um die Hülle zu konstruieren, dabei muss man allerdings nicht mehr alle Punkte durchprobieren, sondern nur noch die Tangenten, die in der Animation mit grünen Strichen gekennzeichnet sind. Die Tangenten kann man für jede der \(k = \lceil \frac{n}{m} \rceil\) Sub-Hüllen effizient in \(\mathcal{O}(m)\) bestimmen. Dazu benutzt man einem Algorithmus, der an eine Binärsuche erinnert. Zusammen hat dies also eine Komplexität von \(\mathcal{O}((n+kh) \ln m)\).

Aber ich hatte \(\mathcal{O}(n \ln h)\) versprochen. Nun, um das zu erreichen, müssen wir einfach nur \(m \approx h\) wählen. Aber wie kommen wir an \(h\) bevor wir die Hülle berechnet haben? Der Trick ist, mit einem niedrigen \(m\) zu starten, dann nur \(m\) Schritte des Jarvis-Teils des Algorithmus durchzuführen und wenn die Hülle dann noch nicht fertig ist \(m\) zu erhöhen und es wieder von vorne zu beginnen. Damit dieser iterative Teil des Algorithmus nicht unsere Komplexität erhöht, muss \(m\) schnell genug wachsen, was in der Regel durch Quadrieren des alten Werten erreicht wird.

Chan's Algorithm

QuickHull

Zuletzt möchte ich hier noch QuickHull vorstellen, weil dieser Algorithmus meiner Meinung nach einen sehr hübschen rekursiven divide and conquer Ansatz verfolgt — ein bisschen wie QuickSort. In zwei Dimensionen starten wir mit dem Punkt ganz links \(A\) und ganz rechts \(B\). Dann finden wir den Punkt \(C\) der am weitesten entfernt ist von der Strecke \(\overline{AB}\) und links von der Strecke ist. Diesen Schritt wiederholen wir rekursiv auf den Strecken \(\overline{AC}\) und \(\overline{CB}\) (und \(\overline{BA}\) für die untere Hälfte.)

QuickHull

Mehr Dimensionen

Aber ich hatte Space Whales versprochen, also können wir uns nicht mit 2D zufrieden geben! Tatsächlich müssen wir schon beim Verallgemeinern auf 3D aufpassen. Schließlich konnten wir für 2D die konvexe Hülle als Sequenz von Punkten repräsentieren. Für höhere Dimensionen müssen wir sie allerdings als Menge von Facetten repräsentieren. Glücklicherweise tauchen für noch höhere Dimensionen dann keine weiteren Schwierigkeiten mehr auf — abgesehen von der Grundsätzlichen Schwierigkeit, dass höherdimensionale Gebilde deutlich größere Oberflächen haben und somit die konvexe Hülle aus deutlich mehr Facetten besteht, sodass die untere Schranke für die Komplexität für Dimension \(d\) durch \(\mathcal{O}(n^{\lfloor d / 2 \rfloor})\) gegeben ist.

Bevor ich hier QuickHull für \(d=3\) beschreibe, möchte ich darauf hinweisen, dass es die qhull Implementierung gibt, die sich bspw. auch um die subtilen numerischen Fehler kümmert, die sich bei sehr spitzen Winkeln einschleichen können.

Grundsätzlich bleibt das Vorgehen gleich: Wir starten mit einem \(d\)-dimensionalen Simplex, also für \(d=3\) mit einem Tetraeder, dessen Eckpunkte zur konvexen Hülle gehören. Dann führen wir für jede Facette den rekursiven Schritt durch: Finde den Punkt, der am weitesten vor der Facette (also außerhalb des Tetraeders) ist. Diesen Punkt nennt man Eye-Point. Denn es reicht jetzt im Gegensatz zum 2D Fall nicht mehr einfach neue Facetten aus den Rändern und dem neuen Punkt zu bilden. Stattdessen müssen wir alle Facetten, deren Vorderseite (also Außenseite) wir vom Eye-Point aus sehen können entfernen und neue Facetten mit dem Horizont und dem Eye-Point bilden. In der Animation unten sind der Eye-Point sowie die Facetten, die er sieht, rot dargestellt. Der Horizont ist mit schwarzen Strichen gekennzeichnet.

Wird dieser Schritt rekursiv auf alle neu hinzugefügten Facetten angewendet, resultiert die konvexe Hülle. Und genauso, wenn auch deutlich schwieriger darstellbar, funktioniert es auch für alle höheren Dimensionen.

QuickHull

Eine wichtige Anwendung für 3D konvexe Hüllen ist übrigens die Delaunay-Triangulation einer planaren Punktmenge. Die wiederum kann für eine effiziente Berechnung des Relative-Neighborhood-Graphs aus diesem Post genutzt werden.